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Bild: Joachim Lau EMSZ

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Bild: R by Rike /pixelio

Mich interessiert das, wenn der Pastor den Segen gibt, dass er dann spricht: Der Herr segne euch und behüte euch. Warum spricht er dann nicht, der Herr segne uns? Und behüte uns? Warum schließt er sich dann aus?


Da haben Sie aber gut hingehört. Tatsächlich - so klingt der Segen am Ende des Gottesdienstes. Der Herr segne Euch und behüte Euch - und da kann man gut fragen: Wenn der Pastor diesen Segen spricht - geht er selbst dann ohne Segen nach Hause?


Ich kann Sie beruhigen. Wer einen Segen spricht, geht nicht leer aus. Er steht auch unter dem Segen Gottes. Aber er tut etwas anderes: Er sagt einem anderen ganz fest zu: Du bist gesegnet. Du bist nicht allein. Gott geht mit Dir. Und genau dieses Versprechen brauchen viele Menschen. Ein Gottesdienst ohne diese wenigen Segensworte am Schluss wäre eine halbe Sache. Der Segen ist für viele mit das Wichtigste im Gottesdienst.


Der Segen im Gottesdienst ist übrigens ein Zitat. Diese Worte stehen - so ähnlich - in der Bibel und zwar im 5. Buch Mose. Aaron, der Bruder des Mose, soll mit diesen Worten das Volk Israel gesegnet haben. Und das ist kaum vorstellbar: Unser Gottesdienstsegen im 21. Jahrhundert verbindet uns also mit den Anfängen der Bibel! Seit mehr als zweieinhalbtausend Jahren sprechen Menschen diesen Segen. Ähnlich hat vielleicht auch Jesus gesegnet, zum Beispiel die Kinder, die zu ihm gebracht wurden. Und seinen Jüngern hat Jesus gesagt: Wenn Ihr ein Haus betretet, segnet das Haus mit einem Friedensgruß.


Aber wie kommen wir überhaupt dazu? Dürfen wir einfach so anderen den Segen Gottes zusprechen? Ich denke ja. Denn der Segen ist ein Zeichen für Gottes verschwenderische Liebe. Wir dürfen diese Liebe weitergeben. Darum sprechen Pastorinnen und Pastoren ganz bewusst diese Worte, aber das darf auch jeder andere Christ. Die Mutter oder der Vater zum Beispiel kann einen Abendsegen für ein Kind sprechen. Oder denken Sie an die wunderbaren, oft auch sehr humorvollen irischen Reisesegen: Mögest Du immer Geld in der Tasche haben, eine Münze oder zwei, und immer möge das Sonnenlicht auf Deinem Fenstersims schimmern.


Stellen Sie sich also vor, der Segen wäre ein wunderschönes Geschenk. Und das muss eben einer überreichen. Wie die Pastorin oder der Pastor im Gottesdienst.
Dieses Segensgeschenk überreichen Sie übrigens auch manchmal - allerdings ohne es zu wissen. Wenn Sie zum Beispiel "Tschüss" sagen. Das Wort kommt von dem Französischen "A dieu" und bedeutet: "Gott befohlen". Na, wenn das kein Segen ist. In diesem Sinne: "Tschüss", "Adieu" - oder "Gott befohlen"!


Autor: Jan von Lingen


Aus: "Noch eine Frage, Herr Pfarrer. 111 himmlische Antworten", LVH, 2010.

 

Aus dem Kirchenlexikon der Radiokirche im NDR