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Bild: Joachim Lau EMSZ

G - Lieber Gott

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Bild: S. Hofschlaeger /pixelio.de

Als wir Kinder waren, haben wir an den "lieben Gott" geglaubt. Als Erwachsener habe ich damit Mühe. Kann man wirklich sagen, dass Gott "lieb" ist?


Mir ist der Anfang Ihrer Frage wichtig: Als wir Kinder waren, haben wir an den "lieben Gott" geglaubt. Als wir Kinder waren - erinnern Sie sich noch an das Haus Ihrer Kindheit? An die Lieblingsspiele im Kinderzimmer, den Holztisch in der Küche, die Mutter, die das Essen am Herd zubereitet hat? In der Kindheit waren Menschen um uns, die für uns gesorgt und uns - hoffentlich - ihre Liebe geschenkt haben. Um uns war auch der "liebe Gott", den wir in unseren Kindergebeten angesprochen haben - er gab uns Sicherheit und schützte uns, so glaubten wir.


Doch das Haus der Kindheit - mit all den Menschen, den Gedanken, den Geschichten - haben wir längst verlassen. Die meisten Menschen sind oft umgezogen, in andere Häuser, an andere Orte, zu anderen Menschen. Da ist viel Veränderung im Leben. Wir verlassen Altes, um an einen neuen Ort zu kommen. So ist es mit Menschen und Häusern - und auch mit dem Glauben. Ist Gott wirklich ein "lieber Gott"? Als Erwachsene fragen wir das eher kritisch. Wir hinterfragen, zweifeln, sehen vieles anders, denn wir machen auch schwierige Lebenserfahrungen. Der Apostel Paulus hat darum einmal sehr eindrücklich in einem seiner Briefe geschrieben: "Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war."


Und dabei kann es geschehen, dass der "liebe Gott" aus Kindertagen uns plötzlich fremd wird. Unser Glaube verändert sich wie unsere Körpergröße, der Gang, die Haarfarbe oder die Sehschärfe. Denn er ist Teil einer Lebensgeschichte, die Veränderungen mit sich bringt. Manche sagen darum: Mit dem "lieben Gott" ist es für mich vorbei. Dafür werden andere Gottesvorstellungen wichtiger. Da ist "große" Gott, ein Schöpfergott, der uns mit dieser unglaublichen Welt ins Staunen versetzt. Oder ein ferner Gott, den wir fragen: Warum lässt Du das Leid in der Welt zu? Vielleicht entdecken wir auch einen gnädigen Gott, der uns hilft, mit unseren Fehlern besser zu leben. So sind viele Menschen zeitlebens auf der Suche nach einem Gott, den sie doch nie ganz begreifen werden.


Trotzdem finde ich es richtig, ihm von Anfang an einen kindlichen Namen zu geben. Denn wenn wir als Kinder an den "lieben Gott" geglaubt haben, dann können wir ihn ein Leben lang neu entdecken und ihm immer wieder neue Namen geben.


Mehr aus dieser Sendereihe lesen Sie in: "Noch eine Frage, Herr Pfarrer. 111 himmlische Antworten", LVH, 2010.

 

Aus dem Kirchenlexikon der Radiokirche im NDR